Value-Based-Pricing mittels Value-Pricing-Score und künstlicher Intelligenz

R. Pietsch & V. Kaiser

Das Value-Based-Pricing bezeichnet ein grundlegendes Prinzip des modernen Preismanagements, bei welchem – im Gegensatz zu herkömmlichen Preisstrategien, die auf Kosten und Gewinnaufschlag basieren – der Wert des Produktes aus Kundensicht im Mittelpunkt steht und die jeweilige Zahlungsbereitschaft der Käufer den Ansatz für eine Preisbildung darstellt. Diese individuellen Zahlungsbereitschaften können mit Hilfe spezieller Methoden und Tools ermittelt werden. Beispiele hierfür sind:

  • Expertenschätzungen
  • Umfragebasierte Methoden (Conjoint Measurement, direkte Preisabfrage)
  • Preiselastizitätsschätzungen
  • sowie Value-Pricing-Scores auf Kosten- und Wettbewerbsbasis.

Bei der Entscheidung für oder gegen die jeweilige Methode sollte immer ein besonderes Augenmerk auf die jeweiligen Marktgegebenheiten und Produkte gelegt werden, um situationsabhängig die am besten geeignete Methode zu finden.

Wertorientierung statt Kostenorientierung

Da beim Value-Based-Pricing eine differenzierte Analyse der Käufer und des Wettbewerbs erfolgen muss, ist der Aufwand dieser Methode generell höher als bei vergleichbaren Strategien wie dem Cost-Plus-Pricing. Jedoch lässt sich über das Value-Based-Pricing der Mehrwert eigener Produkte versus vergleichbarer Wettbewerbsprodukte ermitteln, welcher dann in der eigenen Preissetzung berücksichtigt werden kann.

Anwendungsbeispiele des Value-Based-Pricing

Eine Branche, in der Value-Based-Pricing häufig Anwendung findet wird, ist die Pharma-industrie. Die Preise für Arzneimittel hängen sehr stark vom Kundennutzen und dessen Heilungs- und Verbesserungschancen nach Einnahme bzw. Anwendung ab.
Je nach Knappheit und Relevanz der Wirkstoffe können die Preise nachfragegetrieben stark ansteigen. Demgegenüber können negative Nutzenfaktoren wie zum Beispiel Image-probleme zu einer sinkenden Zahlungsbereitschaft führen.
Das Value-Based-Pricing eignet sich zudem für die Bepreisung von z.B. Ersatzteilportfolios, da es die Komplexität der Preissetzung pro Artikel herunterbricht und auf eine große Menge unterschiedlicher Artikel angewendet werden kann. Hierbei können die durchschnittliche Margenerwartung als auch die gängigen Markt- und Wettbewerbspreisniveaus für die Definition eines Preisankers verwendet werden.

Preisbestimmung mittels Value-Pricing-Score

HPP verwendet für die Preisbestimmung mittels Value-Based-Pricing den sog. Value-Pricing-Score. Bei dieser Methode wird ein Gewichtungsfaktor (Score) aus allen preisrelevanten Kriterien berechnet, die unter anderem die relative Wettbewerbsstärke, den Kundennutzen und eine Einschätzung des Produktes/der Dienstleistung aus Vertriebssicht einschließen.

Als Basis für die Ermittlung des Scores sind keine aufwändigen und langwierigen Kundenbefragungen notwendig – er basiert lediglich auf einer detaillierten Einschätzung des jeweiligen eigenen Vertriebsmitarbeitenden.

HPP arbeitet beim Value-Based-Pricing mit einer Scorecard, die die drei oben genannten Kategorien Kunde, Produkt/Dienstleistung und Wettbewerbssituation verwendet, um schließlich einen Value-Pricing-Score zu ermitteln. Dabei werden den jeweiligen Ausprägungen der Unterkategorien Bedeutungsgewichte zugeordnet, welche dann in ein Gesamturteil (den Value-Pricing-Score) eingehen. Zu beachten ist hierbei, dass die Bedeutungsgewichte der einzelnen Kategorien (Kunde, Produkt, Wettbewerb) situations-bedingt angepasst werden können. Soll z.B. dem Wettbewerb eine höhere Relevanz beigemessen werden, da im zugrundeliegenden Markt eine hohe Wettbewerbsintensität herrscht, kann der Faktor (hier 0,1) auf einen höheren Wert angehoben werden, sofern die Gesamtsumme aller drei Kategorien keine 100% übersteigt. Zudem ist auch eine Anpassung der Gewichtung der Unterkriterien möglich (je nach Markt, Kunden- und Wettbewerbssituation).

 

Ausgehend von dem berechneten Value Pricing Score wird im zweiten Schritt eine spezifische Preis-Auf- und Abschlagsfunktion abgeleitet. Mittels der vom Management festzulegenden Multiplikatoren für die maximale Preiserhöhung bzw. Preissenkung werden die Preisänderungen in Abhängigkeit der Ausprägung der Value-Pricing-Scores bestimmt.
Der Multiplikator sollte dabei immer gegen gängige Kriterien wie z.B. die Minimum- bzw. Maximum-Marge geprüft werden.

 

 

Die Rolle von künstlicher Intelligenz im Value-Based-Pricing

Die Entwicklung einer Value-Pricing-Scorecard bietet einen recht manuellen Ansatz, um Preisentscheidungen auf Basis relevanter Produkt- und Wettbewerbsstärke zu treffen. Es muss im Voraus einzeln entschieden werden, ob Artikel auf Einzel- oder Produktgruppen-ebene bepreist werden sollten. Gleichermaßen gilt es, die Validität und Konsistenz der Kostenbasis einzelner Artikel sicherzustellen, um eine Verzerrung bei der Preisberechnung zu vermeiden.

Ein konsistentes System für diese Form des Pricing kann mit moderner Pricing-Software oder BI-Tools entwickelt, simuliert und kalibriert werden. So können mittels Nutzung von Künstlicher Intelligenz Datenanalysen in Echtzeit erfolgen, um die Preissetzung dynamisch zu gestalten.

Die Weiterentwicklung der Value-Pricing-Scorecard mittels Nutzung von KI eröffnet erweiterte Anwendungsmöglichkeiten, um Preisanpassungen im Rahmen des Value-Based-Pricing durchzuführen. Die KI-gestützte Datenanalyse bietet insbesondere Vorteile in der Vorhersage und Clusterung von Kundenverhalten und Wettbewerbsaktivitäten. Beispiele hierfür sind unter anderem die Segmentierung von Kunden anhand ihres bisherigen Kauf-verhaltens und weiterer Charakteristika, um differenzierte Preisstrategien abzuleiten. Zudem bietet der Einsatz von KI die Möglichkeit, Wettbewerbsanalysen und Preisprognosen detailliert und dynamisch abzuleiten. Relevante Daten hierfür bilden zum Beispiel Wettbewerbspreisänderungen und Trendprognosen in Bezug auf z.B. Kaufbereitschaften, Kaufverhalten und saisonale Schwankungen, die die Nachfrage und damit die Preisbildung beeinflussen. Eine weitere Datenquelle bieten Textanalysen von Kundenfeedbacks, die Aufschluss über die Wertwahrnehmung der Kunden geben.

Der Kundennutzen wir mittels KI also nicht statisch, sondern dynamisch anhand sich verändernder Einflussfaktoren bestimmt und kann somit durch dynamische Preis-anpassungen besser ausgeschöpft werden.

Neben dem detaillierten Einbezug von Kunde, Markt, und Wettbewerb bieten KI-gestützte Pricing-Tools zudem Ansätze zur Identifizierung von Risiken in der Preissetzung, indem mögliche Auswirkungen von Preisstrategien im Voraus modelliert werden können.

Demnach liefert der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Value-Based-Pricing wichtige Informationen, die zur Identifikation des empfundenen Kundennutzens und der Analyse dynamischer Marktumgebungen dienen.

Somit lassen sich zunächst vertriebsbasierte Einschätzungen des Unternehmensumfeldes validieren und dynamisieren, um optimale Preispunkte zu setzen und damit Märkte, Segmente und ihre Zahlungsbereitschaft optimal auszuschöpfen.

 

Ansprechpartner

Roland Pietsch

Roland Pietsch

Herr Pietsch ist geschäftsführender Gesellschafter und Gründer von HPP Strategie- und Marketingberatung. Er verfügt über langjährige Beratungsexpertise in diversen industriellen Branchen. Bei HPP ist er Ansprechpartner für die Sparten Automobilzulieferer sowie Energie und Smart Services.
Roland Pietsch hat in Münster studiert. Er ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und fährt gerne Oldtimer.