Auto-Abos als Beschleuniger der E-Modell-Offensive

M. Köppl, R.Genrich, Dr. T. Liebehenschel

Auto-Abos stellen einen der zentralen Vertriebskanäle für E-Fahrzeuge dar und viele OEMs lancieren nun eigene, auf E-Autos spezialisierte, Abo-Modelle. Doch auch branchenfremde Akteure wie Energieanbieter und Banken treten in den Markt ein und der Wettbewerb intensiviert sich zunehmend. Für OEMs stellt insbesondere die Integration von zusätzlichen Werttreibern in ihre Abo-Angebote ein Mittel dar, um sich in diesem Konkurrenzkampf zu differenzieren und Kunden ein wettbewerbsfähiges Angebot zu präsentieren.

E-Auto-Abos im Trend

Bereits seit 2020 setzt sich HPP intensiv mit dem Konzept Auto-Abo auseinander, hält das Ohr an den wachsenden Markt und verfügt über beste Kontakte in die Chefetagen der Anbieter. Und auch aus zahlreichen Gesprächen in diesem Jahr wird deutlich: Die Nachfrage nach Autos im Abo ist weiterhin hoch. In der diesjährigen HPP-Umfrage mit mehr als 1.000 Teilnehmern im DACH-Raum gaben etwa 45% der Befragten an, an einem Auto-Abo interessiert zu sein oder bereits eines abgeschlossen zu haben. Prozentual gesehen hat sich die Anzahl an Interessenten und Nutzern damit im Vergleich zur Erhebung aus 2021 beinahe verdoppelt. Und wer sich einmal für ein Abo entschieden hat, bleibt dem Konzept in der Regel auch treu: 91% derjenigen, die aktuell ein Auto-Abo nutzen, würden ihr Abo nach Ende der Laufzeit verlängern. Die Ergebnisse der HPP-Auto-Abo-Studie 2022 untermauern damit, dass sich das Konzept mittlerweile fest als flexible und attraktive Alternative zwischen dem eher längerfristigen Leasing und der kurzfristigen Miete als zusätzliche Form der Autoanschaffung etabliert hat. Dies zeigt sich auch anhand der dynamisch wachsenden Anbieterlandschaft. Während es vor einigen Jahren vor allem auf Auto-Abos spezialisierte Start-Ups wie FINN oder ViveLaCar waren, die den neuen Abo-Markt als Innovatoren prägten, haben mittlerweile zahlreiche andere Akteure unterschiedlichen Couleurs, bspw. Banken und Versicherungen, den Markt betreten.

Abb.1: Phasen der Marktentwicklung

Vor allem die traditionellen Automobilhersteller, die vormals lediglich im Rahmen einiger weniger Pilotprojekte aktiv waren, lancieren nun zunehmend eigene Abo-Angebote. Im Fokus der OEMs steht dabei vielfach die wachsende Palette an E-Automodellen, beispielsweise beim Mercedes-EQ Abo oder dem Volkswagen AutoAbo für ID.3 und ID.4. Im Gegensatz zu anderen Abo-Angeboten der OEMs, die häufig in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ausgestaltet werden und diese auch als Vertragsgeber vor Kunde auftreten (z.B. beim „Junge Sterne Auto Abo“ mit Fokus auf Gebrauchtwagen von Mercedes-Benz/ViveLaCar), übernehmen hierbei in der Regel konzerngebundene Autobanken oder Tochtergesellschaften die Vertragsabwicklung.

Auch aus Kundensicht sind E-Autos im Abo attraktiv: Die vergleichsweise kurzen Lauzeiten der Angebote ermöglichen es, den Umstieg auf die Elektromobilität zunächst für einige Monate im eigenen Alltag zu testen. Kritische Fragen, wie etwa nach der Reichweite eines Fahrzeugs, dem unkomplizierten Auffinden einer Ladesäule oder der Dauer des Ladevorgangs lassen sich für Kunden ohne größeres finanzielles Investment im Rahmen eines Abos beantworten. Da Auto-Abos in der Regel als all-inclusive Pakete vermarktet werden, welche außer den Zahlungen für Tanken bzw. Laden alle Kosten abdecken, entfällt ebenso das gerade für Elektrofahrzeuge schwer zu kalkulierende Restwertrisiko sowie die Kosten für etwaige Reparaturen und die Instandhaltung. Auto-Abo-Konzepte senken damit maßgeblich die Einstiegshürde in die E-Mobilität und nehmen für die OEMs im Rahmen ihrer E-Modell-Offensive dadurch aktuell eine zentrale strategische Bedeutung ein.

 

Integration zusätzlicher Werttreiber als Handlungsfeld für OEMs

Mit Blick auf die wachsende Anbieterlandschaft, insbesondere im Bereich E-Auto-Abo, ist es aus Sicht der OEMs daher umso wichtiger, ihre Angebote konsequent an den Bedürfnissen ihrer Kunden auszugestalten und sich von ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Einer besonderen Bedeutung kommen vor diesem Hintergrund zusätzlichen Werttreibern in Ergänzung des abonnierten Fahrzeugs zu: Die Integration weiterer komplementärer Services in das Abo bietet den Anbietern die Möglichkeit, Mehrwerte über das eigentliche Kernprodukt hinaus anzubieten, dadurch zusätzliche Umsätze entlang der Vertragslaufzeit zu realisieren und die Kundenbindung entscheidend zu erhöhen. Dabei sollte unterschieden werden zwischen

  • Kernservices, die einen direkten Bezug zum Fahrzeug haben und das Kundenerlebnis vereinfachen bzw. verbessern (bspw. Übernahme der Versicherung, Wartung, etc.)
  • Value-added Services, die nicht mehr nur in Bezug zum Kernprodukt Fahrzeug stehen, sondern dem Kunden auch abseits des Fahrzeuges einen zusätzlichen Mehrwert bieten (z.B. Zugang zu zusätzlicher Mobilität durch inkludiertes ÖPNV-Ticket)


Abb.2: Werttreiber für Auto-Abo-Angebote

Speziell im Kontext E-Auto-Abo bieten sich dabei für OEMs zahlreiche Möglichkeiten, zusätzliche Services in ihr Angebot zu integrieren. Neben den zumeist ohnehin enthaltenen Kernservices wie Steuer, Zulassung oder Versicherung, können durch die Übernahme der Ladekosten des E-Fahrzeugs zusätzliche Mehrwerte für den Kunden geschaffen werden. Vor allem angesichts der gegenwärtig hohen und zunehmend unkalkulierbaren Energiepreise lassen sich dadurch auf Kundenseite Hemmnisse gegenüber der E-Mobilität abbauen.

Auch die Integration der OEM-eigenen digitalen Dienste (z.B. Navigations- und Entertainmentangebote) bzw. Functions on demand (bspw. zeitlich begrenzte Aktivierung der Sitzheizung) in die Abo-Rate kann ein Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb, insbesondere zu Anbietern aus anderen Branchen, darstellen. Gleichzeitig bietet sich den OEMs dadurch ein weiterer Vertriebskanal für digitale Dienste an eine für diese Services sehr affine Zielgruppe.

Ein zusätzlicher Werttreiber für E-Auto-Abos, welcher über das eigentliche Fahrzeug hinaus geht und durch die OEMs im Rahmen strategischer Partnerschaften zu realisieren ist, stellt die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur bzw. des Stroms beim Kunden zuhause dar. Kunden profitieren dabei von einem Komplettpaket aus Fahrzeug, Wallbox und Stromtarif aus einer Hand und zu einer monatlichen Rate, während OEMs und ihre Kooperationspartner den Kunden langfristig an ihr E-Mobilitäts-Ökosystem binden können.

 

Neuauflage der HPP Auto-Abo-Studie

Auch in 2022 hat sich HPP intensiv mit dem wachsenden Markt für Auto-Abos auseinandergesetzt. Im Rahmen der diesjährigen Neuauflage unserer Auto-Abo-Studie haben wir im Rahmen einer Primärdatenerhebung mit mehr als 1.000 Probanden ein aktuelles Stimmungsbild bestehender und potenzieller Kunden eingefangen und die wesentlichen Handlungsfelder für Auto-Abo-Anbieter skizziert. Die vollständige HPP Auto-Abo-Studie wird Ihnen auf Anfrage via E-Mail von uns gerne zugesandt.

 

Ansprechpartner

Max Köppl

Max Köppl

Herr Köppl ist Senior Consultant bei HPP und betreut mit seiner gesammelten Beratererfahrung vorwiegend die Automobilindustrie. Hier hat er sich neben anderen Themen in multiplen Projekten mit dem physischen Retail, Kundenzufriedenheit und den anfallenden Kosten im Retail beschäftigt.
Herr Köppl hat an der Hochschule Hof und der Universität Regensburg studiert. Auch in seiner Freizeit ist er großer Automobilenthusiast und Fußballfan.

Dr. Thorsten Liebehenschel

Dr. Thorsten Liebehenschel

Herr Dr. Liebehenschel ist geschäftsführender Gesellschafter bei HPP. Mit seiner Expertise in der Automobilindustrie verantwortet er Projekte für verschiedene Hersteller und den Automobilhandel in unterschiedlichen Bereichen weltweit. In Zusammenarbeit mit der Volkswagen AG promovierte er zum Thema „Ökologieorientierte Produkt- und Dienstleistungspolitik in der Automobilindustrie“.
Herr Dr. Liebehenschel hat in Siegen studiert, ist verheiratet, Vater eines Sohnes und leidenschaftlicher Fan der Eintracht.

Titelbild: fuyu liu/shutterstock.com (287476514)